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Der ehemalige Villenbau
Zollikerstrasse 60

 
erbaut 1843-1847
Hausname Villa Seeburg Abbruch 1970
Quartier(e) Riesbach Stadtkreis 8 PLZ 8008
       
Abbildung
Bildtext Die ehemalige Villa Seeburg kurz vor ihrem überraschenden Abbruch im Jahre 1970.
Bildquelle © Archäologie und Denkmalpflege des Kantons Zürich
   
Text Die ehemalige Villa Seeburg

Das ehemalige Villengebäude stand einst an der Zollikerstrasse 60 im heutigen Quartier Riesbach. Erbaut wurde es in den Jahren 1843 bis 1847, damals noch in der Gemeinde Riesbach, vom bekannten Architekten dieser Zeit Leonhard Zeugheer (1812-1866).

Auftraggeber für den Bau war der Seidenkaufmann Heinrich Bodmer-Stockar (1796-1875), der sich auch als Kunstsammler und Architekturliebhaber einen Namen hatte.

1861 liess er sich an der Löwenstrasse 1 eine neue Villa, ebenfalls wieder durch den Architekten Leonhard Zeugheer, erstellen. Diese wurde dann aber bereits 1925 wieder abgebrochen.

Die spätere Erbengemeinschaft wollte die Villa an der Zollikerstrasse bereits in den Jahren um 1950 abbrechen lassen. Eine Bewilligung um lediglich im nordöstlichen Teil des Grundstücks eine Überbauung zu realisieren wurde Anfangs 1960 erstellt. Und bald schon sollten Meldungen wie "Im Seeburg-Park fallen schon die ersten Bäume" in der Tagespresse zu lesen sein.

Der eigentliche Bau aber war seit kurzem auf einer Schutzliste und Planungen über dessen Erhalt liefen, ebenso machten sich viel prominente und auch weniger prominente Zeitgenossen stark für den Erhalt der Villa und des, mittlerweile verkleinerten Parkes. Dann geschah eigentlich zwischen 1963 bis 1970 nichts Spektakuläres mehr im Anwesen.

Bis dann aus heiterem Himmel im Jahre 1970, wohlgemerkt während den Sommerferien, die Abbruchbirne die Villa dem Erdboden gleich machte. Hatten die Besitzer Angst bekommen, dass ein geplanter und offiziell angekündigter Abbruch endlos lange Diskussionen und Verzögerungen mit sich gebrachte hätte?

Wohlgemerkt es war zu diesem Zeitpunkt kein Baugesuch eingereicht worden. Der Abbruch war zwar legal, Abtragungen mussten seinerzeit nicht gemeldet oder bewilligt werden, aber für einen grossen Teil der Bevölkerung unmoralisch und verwerflich. Eine solche "Tat" sollte sich nicht mehr wiederholen dürfen und als direkte Folge davon wurden die denkmalschützerischen Organisationen und Rechtsmittel stark und zügig ausgebaut.

 

       
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Bildtext Der überraschende Abbruch liess sich leider nicht aufhalten. Blick ins Treppenhaus und den Kellerabgang.
Bildquelle © Baugeschichtliches Archiv, Fotograf: M. A. Frangi
   
Text Der unerwartete Abbruch und der Zorn der Bevölkerung

Zu den vielen entsetzten Zeitgenossen die sich über diese "schändliche Tat" masslos ärgerten gehörte auch der bekannte Professor für Kunstgeschichte Prof. Dr. Peter Meyer (1894-1984). Er wohnte in unmittelbarer Nachbarschaft an der Neumünsterallee 15.

In einem öffentlich publizierten Brief, der im Original und per Einschreiben an die Besitzerin Frau Dr. Verena Bodmer-Gessner, sowie in Kopien unter anderem an die Natur- und Heimatschutz-Kommission und der Denkmalpflege-Kommission zugestellt wurden, liess er dem angestauten Ärger über dieses "Verbrechen" freien Lauf.

Der Brief beginnt schon mit der aussagekräftigen Anrede:
"Bis anhin sehr geehrte und hochgeachtete Frau Dr. Verena Bodmer-Gessner"

Vorgängig und fast im Spass hatte Herr Prof. Dr. Meyer noch vorgängig, und ohne jegliches Wissen was geschehen würde, Frau Bodmer telefoniert um sich nach dem Verbleib einer Figur in einer Mauernische zu erkundigen (Anm. meiner Vermutung nach die Figur auf der obersten Abbildung rechts in der Hauswand). Mit der Aussage der Hausbesitzerin, dass sie die Figur an ihren aktuellen Wohnsitz mitnahm wo sie mehr davon hätte, liess sich der freundliche Nachbar beruhigen.

Umso mehr war sein Zorn über das wenige Tage später angerichtete "Verbrechens" des Abbruches der Villa Seeburg. So schreibt er denn auch weiter:
" Nun ist dieses Verbrechen also geschehen: ich wünsche von Herzen, dass es Ihnen in jeder Hinsicht Unglück bringen möge.

Noch auf Ihrem Totenbett werden Sie sich über diesen Bubenstreich brennend schämen müssen, und das gerettete Figürchen soll Ihnen ein täglicher Vorwurf sein. Dass Träger ehrwürdiger alter Zürcher Namen das Andenken ihrer Vorfahren dermassen geschändet, und dem Grundsatz «Noblesse oblige» ins Gesicht geschlagen haben ist die bare Schande – das sage ich Ihnen als Angehöriger einer um noch einiges älteren Familie."

 

   
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Bildtext Der Zugang zum Seeburgpark von der Zollikerstrasse 60 her.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Der Kunde nach soll sich unter dem Kiesplatz, dem einstigen Gebäudestandort, noch heute der zugeschüttete Keller der ehemaligen Villa Seeburg befinden. Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Ein leicht versteckter Treppenaufgang vom heute abgesperrten Kirchenweg her.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Viele schöne Details an den Geländern lassen uns etwa erahnen wie schön das Innere der Villa gewesen sein muss. Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
Text Der heutige "Seeburg-Park"

1988 verkaufte dann die Erbengemeinschaft Bodmer das Grundstück der ehemaligen Villa Seeburg an die Stadt Zürich. Der Kaufvertrag beinhaltete zudem ein Bauverbot. 1990 befürwortete das Stimmvolk den Kauf des Parkfragments, welches mit seinem beachtlichen Baumbestand nun der Öffentlichkeit zur Verfügung steht und rege genutzt wird.

Nur auf dem nördlichsten Teil des Parks steht das in den Jahren 1964/1965 erbaute Geschäfts- und Verwaltungsgebäude des Arbeitgeberverbandes der Schweizerischen Maschinenindustrie (Kirchenweg 4 und 8).

Die heute öffentliche Parkanlage erstreckt sich zwischen der Zollikerstrasse und der Mühlebachstrasse. Die ursprüngliche Gartenanlage wurde vom deutschen Gartenkünstler Conrad Löwe (1819-1870) im englischen Stil erstellt. Sie gilt zugleich als sein einziges bekanntes Werk in Zürich.

In der Riesbacher Quartierzeitung "Kontacht" vom November 2006  ist übrigens zu lesen, dass die Kunde um geht "... dass unter diesem Platz noch immer, still und heimlich, die Kellergemäuer der Villa Seeburg verborgen seien." Vielleicht hört man ja wieder einmal etwas davon und von diesen vergangenen Zeiten.

 

   
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Bildtext Pergola der einstigen Villa Seeburg zwischen Zollikerstrasse und Kirchenweg.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Der leicht versteckte Brunnen neben dem Eingangsbereich hatte auch schon bessere Zeiten erlebt.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Der Park zeigt sich an diesem Samstagmorgen in seinem schönsten Frühlingsgrün.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Viele ruhige und verwinkelte Ecken laden zum Flanieren und Ausruhen ein.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
Text Unbebaut obschon teilweise Bauzone

Unbestritten ist, dass sich viele Anwohner über diese grüne Lunge inmitten des Quartiers erfreuen. Das ist auch gut so, denn die grosszügige Fläche lädt zum Verweilen und Spazieren ein. Was Viele nicht wissen, ein Teil des grosszügigen Parks ist als Bauzone deklariert und dennoch unverbaut. Das dies so ist lässt sich unter anderem auch mit einer Klausel im Verkaufsvertrag von 1988 zwischen der Erbengemeinschaft der Familie Bodmer und der Stadt erklären.

Nachdem dem die Erbengemeinschaft Bodmer das Areal der Seeburg überbauen lassen wollte und zu diesem Zweck so quasi über Nacht das alte Villengebäude 1970 ohne Bewilligung abbrechen liess, revanchierte sich die Stadt 1984 indem sie die Bäume im Park unter Schutz stellen liessen und so deren Fällung verhinderten. Nach zähen Verhandlungen waren die Erben, unter Bedingungen, gewillt an die Stadt zu verkaufen.

Eine dieser Bedingungen war, dass während 40 Jahren der Park nicht überbaut werden darf. Nach Ablauf dieser Frist dürfe nur eine kulturelle oder geisteswissenschaftliche Nutzung entstehen. Primär wäre heute die Kirchgemeinde Neumünster an diesem Areal interessiert um günstige Familienwohnungen realisieren zu können, als Ersatz für den ursprünglichen Abbruch und Neubau an der Zollikerstrasse 74/76.

 

   
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Bildtext Diese Blutbuche hätte uns bestimmt viel zu erzählen aus früheren Zeiten.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Die Bäume präsentieren sich trotz des nassen Wetters im schönsten Gewand.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
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Bildtext Skulptur im Park der ehemaligen Villa Seeburg zwischen Zolliker- und Mühlebachstrasse.
Aufnahme vom 15. Mai 2010.
Bildquelle Bildarchiv Dürst, Zürich
   
Jahr Hausgeschichte
   
   
   
   
   
Links zum
Thema
Denkmalpflege Kanton Zürich / Ungekürzter Brief von Prof. Dr. Peter Meyer an Frau Dr. Verena-Bodmer
 
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